Restaurant der Woche: »Essigbrätlein«
Innovationstreiber: »Essigbrätlein« in Nürnberg.
Der Name des Restaurants bedeutet »Sauerbraten«, was feine Ironie anklingen lässt angesichts der gemüsefokussierten Speisen, die man hier bekommt. Auch das Gebäude selbst, das mehrere Jahrhunderte alt ist, bildet einen heiteren Kontrast zur Küche, die zu den modernsten des Landes gehört. Ohne großes Aufheben tüfteln die beiden Küchenchefs Andree Köthe und Yves Ollech vor sich hin – und das seit drei Jahrzehnten.
Köthes frühmorgendliche Touren durchs »Knoblauchsland«, ein großes Gemüseanbaugebiet vor den Toren Nürnbergs, sind legendär. Auf Dutzenden Feldern holt er sich Gemüse, das teilweise nur wenige Tage verfügbar ist, Seitentriebe vom Brokkoli oder Lauchstangen, die noch nicht holzig sind. Die Ausbeute fließt dann ein in ein Menü, das teils über Jahre gewachsen ist und enorm ausgereift wirkt. »Je mehr Produkte du zur Auswahl hast, desto schwieriger wird es, Charakter auf den Teller zu bringen«, meint Köthe.
Wie gut das gelingt, zeigt bereits die Vorspeise: getrocknete Bauerngurke, die mit Duftreis-Schmand, Kümmelbutter und eiskaltem Kerbelsaft angereichert ist. Schlichtweg genial der Gang mit einer breiten Bohne, die angeröstet und mit eingekochter Sahne, Reiscreme und Borretsch kombiniert wird. Nur im Hauptgang serviert die Küche Fleisch, das es allerdings in sich hat: Selten hat man so ein feines Stück Lamm gegessen; der Geschmack der Hüfte vom Poltinger Lamm wird aromatisch verstärkt mit einer Essenz von eingekochtem Gemüse, das Fleisch selbst wurde erst im Ofen gegart und anschließend angebraten. Die Weinbegleitung durch Ivan Jakir hält das Niveau der Küche.
Die Falstaff Restaurants der Woche werden von den Falstaff Redakteuren ausgesucht und bewertet. Aber auch Sie haben die Möglichkeit, Ihre Restaurant-Besuche zu bewerten.