©Tobias Reger

Zyklusfood: In der Regel schmerzfrei

Bauchkrämpfe, PMS und Stimmungsschwankungen gehören zum Frausein einfach dazu? Stimmt nicht, sagt Jessica Roch. Die Ernährungsberaterin erklärt, wie sich zyklusbasierte Ernährung auf unser Wohlbefinden auswirkt – und man schmerzfrei durch die verschiedenen Zyklusphasen und die Wechseljahre kommt.

Eine leere Tüte Chips, ein halb geschmolzener Becher Eis, auf dem Bauch die Wärmflasche, der Blister »Buscopan« in Griffnähe und im Hintergrund läuft zum zehnten Mal Notting Hill. Fast jede Frau kennt so oder so ähnliche Szenen. Tipps, diese von PMS- und Menstruationsbeschwerden geplagte Zeit möglichst schmerzfrei zu überstehen, gibt es viele – Spoiler: Chips und Eis gehören nicht zu ihnen. Glaubt man Jessica Roch, sind sie Teil des Problems und gleichzeitig irgendwie auch Teil des Lösungsansatzes. Er heißt: Zyklusbasierte Ernährung und fängt schon weit vor den ersten Stimmungsschwankungen an – und hört nie auf.

Der weibliche Zyklus unterliegt, wie es der Name schon verrät, einem zyklischen Muster. Er ist ein komplexes Zusammenspiel hormoneller Veränderungen, die den weiblichen Körper immerzu, aber gleichmäßig und sich wiederholend, beeinflussen. In den letzten Jahren hat die Forschung gezeigt, dass vor allem die Ernährung einen bedeutenden Einfluss auf den weiblichen Zyklus und alle Symptome, die mit ihm einhergehen, hat. »Anders als manche denken, steuert unser Zyklus nicht nur, wann wir schwanger werden können oder dass wir regelmäßig bluten«, erklärt Jessica Roch, Ernährungsberaterin und Zykluscoach. Sie muss es wissen. Roch begann aufgrund eigener Probleme, nach dem Absetzen der Pille, sich mit dem weiblichen Zyklus intensiv auseinanderzusetzen, absolvierte Ausbildungen zur zertifizierten Ernährungsberaterin, sowie Fortbildungen im Bereich der Frauenheilkunde. Heute coacht sie Frauen mit Hormonbeschwerden und teilt ihr Wissen mit fast 80.000 Abonnenten auf Instagram sowie auf ihrem Blog bodysynchron.de. Im September 2022 erschien ihr erstes Buch »Zyklus im Glück – Wie du PMS, Regelschmerzen und andere Hormonprobleme endlich loswirst«, in dem sie nicht nur die einzelnen Phasen erläutert, sondern für jede der vier auch Rezepte empfiehlt.

Zyklus im Glück – Wie du PMS, Regelschmerzen und andere Hormonprobleme endlich loswirst

Mit 44 Zyklusfood-Rezepten
192 Seiten
18,99 € (DE)/ 19,90 € (AT)/ 26,90 SFr (CH)
ISBN: 978-3-8338-8535-8
September 2022

Schon an die nächste Phase denken

Erste Prämisse, um mögliche Beschwerden lindern und ein gutes Körpergefühl entwickeln zu können, ist laut Roch, seinen eigenen Zyklus zu kennen und zu wissen, in welcher Phase man sich gerade befindet, denn »bei der zyklusbasierten Ernährung geht man davon aus, dass es verschiedene Bedürfnisse in den verschiedenen Phasen gibt«. Dass Frauen während der Menstruation ein besonderes Verlangen nach Schokolade haben, liegt laut ihr in unserer Natur: Schokolade enthält Magnesium, das bekanntermaßen krampflindernd wirkt. Unser Körper weiß das – der enthaltene Zucker und die ungesunden Fette, können die Wirkung nur leider ins Gegenteil umkehren. Besser seien dunkelgrünes Blattgemüse, Nüsse, Samen – oder wenn es doch mal Schokolade sein muss, eine mit hohem Kakaoanteil. Gleichzeitig verlieren wir durch die Blutung sehr viel Eisen. »Deshalb ist es sinnvoll, in dieser Phase den Eisenspeicher aufzufüllen und eisenreiche Lebensmittel wie Grünkohl, Spinat und Hülsenfrüchte wie Kichererbsen zu essen«, zählt Roch auf.

In der nächsten Phase, der Folikelphase, liegt der Fokus auf der Eizellenreifung und diese optimal zu unterstützen. Viele Nährstoffe, wie sie in Sprossen zu finden sind, oder gesunde Fette wie die der Avocado haben sich als besonders hilfreich in dieser Phase erwiesen. Die Ernährung könne sich in dieser Zeit positiv auf die Fruchtbarkeit auswirken, was bei einem Kinderwunsch von Vorteil sei, erklärt die Ernährungsberaterin – und dass wir »in der Zeit besonders viel Zink für die Gesundheit unserer Folikel brauchen, Kürbiskerne sind da hilfreich«. Gleichzeitig kann man laut Roch in dieser Phase schon etwas für die nächste tun: und den Darm auf den hormonellen Anstieg vorbereiten.

»Cashewnüsse helfen sehr gut, die Laune wieder zu steigern«

Er tritt um den Eisprung herum auf. Am besten gelingt das mit probiotischen Lebensmitteln und fermentiertem, nicht pasteurisiertem Gemüse, Joghurt, Kefir und Kombucha. Der Eisprung wird schließlich durch das stark ansteigende Östrogen ausgelöst. Das Problem: Diese hohen Mengen können nicht schnell genug von der Leber abgebaut werden. Der Östrogenüberschuss führt zu den bekannten Symptomen: Spannende Brüste, PMS, also Reizbarkeit, verstärkte Emotionalität und Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Migräne oder Akneschüben. »Deswegen lautet das Motto dieser Phase: Entgiftung«, betont Roch. Die wird durch Kohlgemüse wie Brokkoli oder Rosenkohl, aber auch Kresse und Rettich unterstützt. Der in ihnen enthaltene Wirkstoff Di-Indolyl-Methan (kurz DIM) hilft der Leber, Östrogen abzubauen. Unterstützend wirken auch Bitterstoffe, wie sie in Mariendistel, Löwenzahn oder Artischocken zu finden sind. Baut man sie in dieser Phase um den Eisprung in die Ernährung ein, schafft man es, den Östrogenspiegel auf einem Niveau zu halten, das gesund ist, und gleichzeitig so niedrig, dass die begleitenden Symptome weniger Probleme verursachen.

Die treten typischerweise in der nächsten Phase, der Lutealphase, also kurz vor der Menstruation auf. Deshalb geht es in dieser Phase darum, diese in Schach zu halten. Hier helfen, die sonst so verschrienen »bösen« Kohlenhydrate, »mit denen viele Frauen ein bisschen auf Kriegsfuß stehen«, das weiß auch Roch. Das liegt vor allem an dem erhöhten Energiebedarf von rund 300 Kalorien täglich. Die sollen natürlich nicht in Form von Weißbrot, Eis oder Chips – wonach es einem gelüstet – zu sich genommen werden, sondern in Form komplexen Kohlenhydraten, wie sie in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Wurzelgemüsesorten wie Süß-Kartoffeln enthalten sind. Sie regulieren nicht nur den Blutzuckerspiegel, der bei einem Abfall zu den klassischen Heißhungerattacken führt, sondern wirken sich auch positiv auf unser Glückshormon, das Serotonin aus. Fällt es ab, kann die richtige Ernährung wahre Wunder bewirken. »Cashewnüsse, die reich an der Aminosäure Tryptophan sind, also der Vorstufe von Serotonin, helfen sehr gut, die Laune wieder zu steigern«, rät der Zykluscoach. Von Alkohol und Koffein rät Roch hingegen vor allem in der Lutealphase und während der Periode ab. Sie belasten die Leber und »pfuschen in den Hormonhaushalt«. Gleiches gilt für tierische Lebensmittel, die entzündungsfördernd und PMS begünstigend wirken.

Ganz ohne Schmerzmittel

Neben der richtigen Ernährung empfiehlt Roch die Einnahme von Magnesium und der Integration von beispielsweise Frauenmantel, getrunken als Tee, in allen Phasen des Zyklus. Er wirkt östrogenausgleichend und unterstützt das Progesteron, das zur Aufrechterhaltung der Gebärmutterschleimhaut von Vorteil ist.

Seitdem Jessica Roch ihre Ernährung an die Bedürfnisse der einzelnen Phasen angepasst hat, kommt sie ganz ohne Schmerzmittel aus. Davor nahm sie fast ein Jahrzehnt lang die Pille, welche gerne als einzige Lösung für alle möglichen Probleme verschrieben wird. Nimmt man sie, hat man keinen natürlichen Zyklus mehr: »Man steckt quasi dauerhaft in der Lutealphase fest«, scherzt Roch. Der Fokus solle in dem Fall auf der Entgiftung und Darmsanierung liegen, da Darm und Leber von der Einnahme stark belastet seien, erklärt sie.

Wieder andere Bedürfnisse haben hingegen Frauen in den Wechseljahren. Auch dann kann die richtige Ernährung helfen, Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder dünner werdendes Haar zu lindern. Sie sind das Resultat von mangelndem und schwankenden Östrogen. Unterstützend wirken laut Roch Kreuzblütengewächse, darunter fallen alle Gemüsesorten mit »Kohl« im Namen, aber auch Knollen wie die Makawurzel oder gemahlene Leinsamen wirken sich positiv auf den Östrogenspiegel aus.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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