Sven Wassmer in der offenen Küche seines «Memories».

Sven Wassmer in der offenen Küche seines «Memories».
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Kulinarische Visionen: Starchefs verraten die Gastro-Trends 2024

Welche Trends erwarten uns? Mit welchen Herausforderungen muss die Branche rechnen? Einige der besten Köche und Köchinnen der Schweiz haben ihren persönlichen Ausblick auf das Gourmet-Jahr 2024 mit Falstaff geteilt.

Reduktion und Fokussierung

Ich denke, die Welt der Kulinarik ist stetig im Wandel und geprägt von Veränderungen. Trends kommen und gehen und bereichern unseren Alltag. Ich beobachte für das neue Jahr allerdings eine Entwicklung, welche auch ich persönlich durchgemacht habe und welche mich selbst weiterhin begleitet: Reduktion und Fokussierung. Es wird immer klarer, dass weniger mehr ist. In vielen Küchen steht die Authentizität zusehends im Fokus. Man gibt sich so nach Aussen, wie man ist und lässt dies in seinen Gerichten widerspiegeln. Ebenfalls rücken pflanzenbasierte Gerichte ins Rampenlicht und Proteine werden zunehmend als Gewürz benutzt – auch eine Form der Fokussierung. Weiterhin wird uns die Herausforderung der «Social Sustainability» begleiten, die zugleich eine Chance ist. Wir müssen in unserer menschenzentrierten Branche besonders auf die Menschen in unserem Umfeld achten, gute Teams fördern, voranbringen und halten.

Sven Wassmer, «memories», «Grand Resort Bad Ragaz»

Mit Freude das Kochen und Essen zelebrieren

Ich sehe, dass vegetarisches Essen auf hohem Niveau immer gefragter wird. Das ist für mich ein anhaltender Trend: Aus tollen regionalen Gemüsesorten schöne Gerichte zu kochen. Mein persönlicher Gourmettrend dieses Jahr ist es, mit Freude das Kochen und Essen zu zelebrieren und mich weiterzuentwickeln was die vegetarische, aber auch die nicht-vegetarische Küche angeht. Ich versuche, die Dinge mit einer gewissen Leichtigkeit zu machen, unverkrampft und eben mit viel Freude. Man hört immer wieder, dass die Gourmetküche keine Zukunft hat. Da bin ich ganz anderer Meinung. Sie ist ein Teil unserer Kultur, etwas, das man sich gönnt, wie wenn man in die Oper oder zu einem Konzert geht. Das Zelebrieren eines schönen Abends in guter Gesellschaft, mit hervorragendem Essen und guten Getränken, das wird immer aktuell bleiben, das hat sich für mich auch im letzten Jahr gezeigt. Die grösste Herausforderung wird sein, weiterhin so viele Gäste wie möglich anzusprechen, neue zu erreichen und vor allem auch neue Stammgäste zu bekommen. Man muss etwas kreieren, das die Leute nicht als einmaliges Erlebnis sehen. Sie sollen sich danach sehnen und es immer wieder erleben wollen. Dafür muss man eben alles mit viel Freude und richtig gut machen und sich immer wieder neu erfinden. Das braucht am meisten Aufmerksamkeit und Energie.

Tanja Grandits, «Stucki», Basel

Regionalität und Nachhaltigkeit

2024 werden Regionalität und Nachhaltigkeit vermehrt im Trend sein. Die grössten Herausforderungen werden unserer Meinung nach der Fachkräftemangel, sowie die steigenden Kosten für Lebensmittel und Energie sein.

Dominik Sato & Fabio Toffolon, «The Japanese» im «The Chedi Andermatt», Andermatt

Die vegane Küche wird Einzug halten

Was genau dieses Jahr der grosse Trend sein wird, kann ich auch nicht sagen. Aber ich denke, dass die vegane Küche vermehrt auch bei anderen Berufskollegen Einzug halten und sich festsetzen wird. Schwierig ist und bleibt die Personal-Thematik: Gut ausgebildete Köche und Servicemitarbeitende mit der passenden Motivation, Arbeitseinstellung und Einsatzbereitschaft in einem Berufsfeld zu finden, das nicht mehr unbedingt den heutigen Lebensvorstellungen entspricht.

Heiko Nieder, «The Restaurant», «The Dolder Grand», Zürich

Es ist wichtig, stur und authentisch zu bleiben

Für mich gibt es in der Zukunft der Gastronomie drei, beziehungsweise vier «Tiefen», die gewährleistet sein müssen. Als erstes muss der Koch oder die Köchin unverwechselbar, authentisch und eigensinnig sein. Wenn man in ein Restaurant geht, soll man spüren, wo man ist. Als zweites muss den pflanzlichen Zutaten Tiefe verliehen werden, zum Beispiel durch die Zubereitung mit einem Fond oder durch Fermentation. Drittens müssen auch die tierischen Produkte richtig verarbeitet werden und Geschmackstiefe bekommen – wenn sie überhaupt verwendet werden. In diesen zwei Ebenen sieht man das Handwerk und das Können der Küche. Die vierte Tiefe bringt der Gast. Dass dieser dem Restaurant Respekt entgegenbringt, indem er offen ist und schätzt, was dort gemacht wird. Wenn diese Tiefen gegeben sind, kommen die Leute gerne auch von weiter her, um dort zu essen, egal nach welchem Stil jemand kocht. Deswegen ist es wichtig, stur und authentisch zu bleiben, den eigenen Weg zu gehen und nicht unsicher zu werden. Es ist einfach, den Mut zu verlieren und sich zu denken «vielleicht koche ich doch lieber etwas mehr Mainstream». Man sollte aber genau das machen, was man möchte, und sich nicht von aussen beeinflussen lassen.

Stefan Wiesner, «Mysterion», «Weitsicht», Bramboden

Eine Zutat in Perfektion

Nach meiner Ansicht zeichnen sich grossartige Gerichte immer mehr dadurch aus, dass der Fokus auf einer spezifischen Zutat liegt. Diese eine Zutat in Perfektion, mit Tiefe und geschmacklicher Spannung zu inszenieren – das unterscheidet grossartige von guter Küche. Beispielsweise, anstatt ein Stück Sellerie einfach anzubraten, rösten wir es mehrere Stunden auf tiefer Temperatur. Im Anschluss trocknen wir das Stück für eine Stunde und entnehmen den Saft. Dieser wird mittels Fermentation noch viel intensiver im Geschmack und dient uns dann wiederum als Glasur für das langsam geröstete Gemüse. Hier schliesst sich der Kreis und der Sellerie wird zum Star. Ich denke aber, dass jeder Koch seine individuellen Herausforderungen hat. Ich stehe in vielen Belangen noch am Anfang meines Weges und möchte mich natürlich kreativ von meinen Berufskollegen abgrenzen. Meinen eigenen Stil weiterzuentwickeln und zu experimentieren, ohne dabei das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren: Das ist meine Challenge für 2024.

Marcel Koolen, «7132 Silver», «7132 Hotel», Vals

Originalität, lokale Zutaten und Gemüse

Originalität, lokale Zutaten und Gerichte, bei denen Gemüse im Mittelpunkt steht, sind im Trend. Man sieht aber auch, dass die klassisch französische Küche wieder sehr gefragt ist. Leider sind die Kosten durchs Band gestiegen und steigen jährlich weiter. Die Personal- und Einkaufskosten unter Kontrolle zu halten, kann sehr herausfordernd sein. Wir möchten das beste Personal einstellen und uns gut um unsere Angestellten kümmern. Gleichzeitig wollen wir unseren Gästen die allerbesten Produkte anbieten und lokale Bauern und Produzenten unterstützen. Das ist eine Challenge.

Andreas Caminada, «Schloss Schauenstein», Fürstenau

Back to the roots!

Ich glaube, dass die ganze Szene wieder konsolidiert werden muss. Es besteht gerade ein Wandel in der Gastronomie. Keiner weiss richtig, wie’s weitergeht, aber ich glaube, es geht wieder zur Basis zurück. Die ganzen Hypes werden wieder in den Hintergrund treten, zudem wird die Preis-Leistung besser – obwohl es immer schwieriger wird, gute Produkte zu einem bezahlbaren Preis zu finden. Generell wird das Kostenmanagement eine grosse Herausforderung in der Gastronomie.

Peter Knogl, «Cheval Blanc», «Les Trois Rois», Basel

«Plant Based» wird eine stärkere Gewichtung erhalten

Ich denke, es wird keine besonderen neuen Trends geben. Es wird ein grosses Augenmerk auf die Herkunft und Nachhaltigkeit der Produkte gelegt und «Plant Based» wird eine stärkere Gewichtung in der Fine Dining Szene erhalten. Davon gehe ich stark aus. Grosse Herausforderungen werden die stark gestiegenen Kosten der Lebensmittel und die schwierige Situation auf dem Mitarbeitermarkt.

Rolf Fliegauf, «Ecco», «Hotel Giardino», Ascona & St. Moritz

Eine frische, gesunde und regionale Küche

Dieses Jahr wird weiterhin eine frische, gesunde und regionale Küche im Fokus stehen, die auf erstklassigen lokalen Zutaten beruht. Das zeigt meine jahrelange Erfahrung. Bei den Gästen ist das auch gerade sehr gefragt. Schwierig wird es, gutes Personal zu finden und dieses motiviert und interessiert zu halten. Ich habe dieses Problem zum Glück nicht, aber in der Branche ist das gerade ein riesiges Thema. Ebenfalls schwierig wird das Kostenmanagement. Alles wurde teurer, die Elektrizität, die Mehrwertsteuer, die Produkte, das Personal. Damit umzugehen, das wird eine grosse Herausforderung!

Franck Giovannini, «Restaurant de l‘H0tel de Ville», Crissier

Casual Fine Dining

Ein grosser Trend wird für mich das «Casual Fine Dining». Also ein reduzierter Auftritt und Essen, das mit weniger Aufwand und Handgriffen zubereitet wird. Zudem wird es noch mehr regionalen Fokus geben. Weiterhin wird es schwierig sein, genügend qualifiziertes Personal zu bekommen. Die zweite grosse Herausforderung wird die Umwälzung der Preiserhöhungen und gestiegenen Lohnkosten auf die Gäste sein – und dabei die Gästezahlen trotzdem konstant zu halten. Mit dem Personalmangel zusammen hängt eine weitere Schwierigkeit: Die Einhaltung der Arbeitszeiten.

Richard Schmidtkonz, «Einstein Gourmet», «Hotel Einstein», St. Gallen


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Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2024

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Larissa Graf
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