Diagonale-Leitung Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber.

Diagonale-Leitung Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber.
© Natascha Unkart

Diagonale: Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber im Talk

Vom 21. bis 26. März findet auch heuer wieder die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, in Graz statt. Wir haben die Diagonale-Leitung Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger zum Gespräch getroffen und einige interessante Informationen erhalten. Plus: Sie verraten euch, welche Stars vor Ort sein werden.

Falstaff: Wie und wann entstand die Diagonale und seit wann leiten Sie das österreichische Film-Festival?

Sebastian Höglinger & Peter Schernhuber: Die Geschichte der Diagonale beginnt in den späten 1970er-Jahren in Velden am Wörthersee, wo erstmals österreichische Filmtage stattfanden, und führte dann über Kapfenberg nach Wels und Salzburg. Seit 1998 läutet die Diagonale alljährlich in Graz den Filmfrühling ein. Erst an der Mur konnte das Festival des österreichischen Films seine Strahlkraft entfalten. Wir dürfen seit 2015 für die Leitung der Diagonale verantwortlich zeichnen, zum Festival kamen wir jedoch schon 2008 als Praktikanten.

Von damals bis heute – wo und wie merkt man, dass sich die Diagonale am meisten entwickelt hat?

Allein in den acht Jahren, in denen wir die Diagonale leiten durften, ist in der Filmbranche und somit auch beim Festival kein Stein auf dem anderen geblieben. Denken Sie allein daran, wie und wo wir damals Filme angeschaut haben und wo wir das heute tun. Stichwort: Kino vs. Streaming.

Gegründet als Werkschau für den österreichischen Film und somit als Branchenveranstaltung ist das Festival mittlerweile zum Glück auch ein Publikumsmagnet und hat zudem eine eigene kuratorische Handschrift. Mit Augenzwinkern beschreiben wir diesen Anspruch der Diagonale gerne als das »Paradoxon eines dreibeinigen Spagates«.

Warum ist der österreichische Film so wichtig für die Filmbranche? Und wie sieht die Zukunft des »heimischen« Films aus?

Der österreichische Film ist Teil der kulturellen Identität dieses Landes. Nicht nur auf Österreich bezogen, sehen wir uns mit der Entwicklung konfrontiert, dass es immer mehr Filme gibt und Film in einer Vielzahl an unterschiedlichen Nischen stattfindet. Bis vor wenigen Jahren gab es beispielsweise noch große Blockbuster, die größere Teile der Bevölkerung im Kino gesehen hatten und über die öffentlich gesprochen wurde und über die man sich mit vielen unterhalten konnte: Titanic bespielsweise. Heute ist die Situation viel ausdifferenzierter. Während die einen Landkrimis im ORF schauen, »bingen« die anderen Serien auf Netflix, wieder andere freuen sich, dass im Filmmuseum ein alter Kultfilm gezeigt wird oder frönen im Multiplex dem Popcorn-Kino. Interessant dabei ist, dass es gerade bei Jüngeren häufig auch die gleichen Leute sind, die mal dort, mal da Filme schauen. Für die Branche ist das eine große Herausforderung. Für den österreichischen Film, der im internationalen Vergleich nach wie vor einen sehr geringen Marktanteil hat, ist die Lage dadurch noch kniffliger.

Wieviele Filme werden gezeigt und welche Rahmenprogramm-Highlights gibt es heuer wieder?

Im Wettbewerb, dem Herzstück des Festivals, zeigen wir heuer 115 aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme sowie Kurzfilme, Animationen, Musikvideos und experimentelles Kino mit einer Nähe zur Bildenden Kunst. Mit der Ausstellung und dem begleitenden Filmprogramm zu der in Graz geborenen Kult-Schauspielerin Marisa Mell geht außerdem ein lang gehegter Herzenswunsch in Erfüllung: Mell, die »österreichische Sophia Loren«, gehörte in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den berühmtesten Frauen des europäischen Films – eine Grazerin von Welt, eine Wiederentdeckung! Eine Wiederentdeckung sind auch die Filme von Goran Rebić, die von Europa als Kulturraum erzählen. Rebić ist heuer die Personale gewidmet, seine Filme ermöglichen u.a. ein Wiedersehen mit dem einstiegen Teenie-Schwarm Robert Stadlober und auch sein Kultfilm »Jugofilm« wird endlich wieder gezeigt.

Welche Preise gibt es und wofür stehen sie?

Einmal im Jahr werden bei der Diagonale Österreichs höchst dotierte Filmpreise vergeben, das ist eine gute Ergänzung zu den auf Prestige und Ehre abzielenden österreichischen Filmpreisen. Das Besondere an den Diagonale-Preisen ist, dass auch jene, die in den einzelnen Departments wie Sounddesign, Kamera, Maske, Schnitt, Filmkomposition usw. am Gelingen von Filmen mitwirken, ausgezeichnet werden und Sichtbarkeit erfahren.

Welche Stars werden heuer erwartet?

Die Diagonale ist traditionell sehr niederschwellig und lebt davon, dass hier Filmgäste und Publikum auch mal zufällig im Café aufeinandertreffen. Angekündigt haben sich etwa die großartige Margarethe Tiesel, die heuer mit dem »Großen Diagonale Schauspielpreis für die Verdienste um die österreichische Filmkultur« geehrt wird. Die Künstlerin Xenia Hausner wird ihr bei der Eröffnung in der Helmut List Halle persönlich ein Kunstwerk überreichen. Schön ist auch, dass sich die alte und die neue Buhlschaft Verena Altenberger und Valerie Pachner in Graz begegnen werden; mit Stefanie Reinsperger hat sich zudem noch eine weitere ehemalige Buhlschaft angesagt, gefolgt von Jedermann-Einspringer Philipp Hochmair. Auch Schauspielerinnen wie Erika Pluhar oder Serienstar Emily Cox werden in Graz bei Filmgesprächen zugegen sein. Generell werden bei der Diagonale – und das ist zweifelsohne einer ihrer Vorzüge – die meisten Filmvorstellungen von Regiegesprächen begleitet.

Warum findet die Diagonale in Graz statt?

In den 1990er-Jahren fiel die Entscheidung auf Graz, weil die Stadt die Diagonale im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahres »Graz2003« mit offenen Armen empfangen hat und die Diagonale wiederum erkannte, welch besondere und einzigartige Perle Graz ist: das mediterrane Flair, die reichhaltige Tradition im Hinblick auf die Kunst- und Kulturszene der steirischen Landeshauptstadt, Graz als Universitätsstadt und Tummelplatz junger, erfrischender Meinungen, ein liberales Bürgertum, das das öffentliche Leben prägt, aber natürlich auch all die Widersprüche, die Graz ausmachen und die Stadt zum besten Pflaster für die Diagonale machen. Pragmatisch gesprochen, verfügt Graz auch über ausreichend innerstädtische Kinos, um ein Filmfestival überhaupt ausrichten zu können sowie eine sehr attraktive gastronomische Infrastruktur und eine tolle Innenstadt-Hotellerie.

Warum ist das Ihre letzte Diagonale? Wie geht es weiter – sowohl in Hinblick auf die Diagonale als auch auf Ihre Karriere?

Die Diagonale zeigt alljährlich einen repräsentativen Querschnitt des österreichischen Films, da ist es gut, wenn immer wieder neue Blicke auf das heimische Kino treffen. Als Diagonale-Leiter ist man immer zugleich Ermöglicher und Gatekeeper, Verwalter und Vermittler. Zentral ist für uns der Begriff der Gastlichkeit; es war unser Anspruch, sowohl für die Filmgäste als auch das Publikum, gute und glaubwürdige Gastgeber zu sein. Das ist natürlich auch sehr fordernd. Für uns war daher von Anfang an klar, dass wir dem Festival nur für einen begrenzten Zeitraum vorstehen wollen. Das Schöne an der Diagonale ist ja, dass sie mittlerweile ein selbstbewusstes Eigenleben entwickelt hat, das immer auch größer als die jeweiligen Intendanzen ist. Was unsere Zukunft betrifft, sind wir ohne Koketterie, noch ergebnisoffen, aber erlebnisorientiert.

© Natascha Unkart

Ihre Top Kaffee-Adresse in Graz?

Überall wo man J. Hornig-Kaffee bekommt, ist man natürlich gut bedient. Italophilen sei der sensationelle, neue Delikatessenladen »A.G. Brigante & Co« in der Hofgasse empfohlen und ein Grazer All-Star-Klassiker ist und bleibt »Tribeka« direkt an der Mur.

An dieser Bar findet man Sie garantiert zum After-Diagonale-Drink?

Darauf gibt es eigentlich nur eine Antwort: die Ernst-Fuchs-Bar ist für uns ein Herzens- und für Graz ein Kultort. Sehr zu empfehlen: White Negroni Sbagliato, Tabula Rasa und natürlich der berühmte Signature-Shot: Kalashnikov.

Hier frühstücken Sie am liebsten…

Im Innenhof des Kai36-Hotels lässt sich besonders an heißen Frühlings- und Sommertagen gut frühstücken. Fans klassischer Kaffeehauskultur sei das Kaffee Weitzer ans Herz gelegt. Das Café König ist eine Institution und wenn man zu spät zum Frühstücken aufwacht, könnte man gleich bei Delikatessen Frankowitsch, im Gasthaus Laufke oder einfach beim Würstler am Hauptplatz einsteigen. Man munkelt, das soll während der Diagonale durchaus öfter vorkommen...

Das beste Veggie-Gericht findet man… 

Seit vielen Jahren ist das Mangolds die Top-Adresse für vegetarische und vegane Speisen in Graz. Ein vegetarisches Top-Gericht ist aber auch die ganz einfache und klassische, gekochte Wagner-Bretze der Bäckerei Strohmayer, die man tagsüber bei den Ständen am Hauptbahnhof oder auf der Hauptbrücke kaufen kann.

Die meisten Promis sind höchstwahrscheinlich hier: 

Während der Diagonale im Club Diagonale im p.p.c., wo allabendlich Konzerte, Partys und DJ-Lines stattfinden, in der Eule-Bar der Diagonale im Volksgarten Pavillon oder auch in der Altstadt.

Lisi Brandlmaier
Lisi Brandlmaier
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