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Leibspeisen aus der Kindheit in Oberösterreich: Ein Streifzug von Bratl bis Knödel

Kneten, rollen, braten: Die oberösterreichische Küche ist geprägt von echter Handarbeit. Falstaff weiß, in welchen Gasthäusern man die typisch oberösterreichischen Gerichte bekommt.

Kneten, rollen, braten. Die oberösterreichische Küche ist geprägt von echter Handarbeit. Nach wie vor gehören Bratl und Knödel zu den beliebtesten Traditionsgerichten auf den Speisekarten der Wirtshäuser – und inspirieren seit jeher Künstler und Kulturschaffende. Komponist Anton Bruckner, Schriftsteller und Maler Adalbert Stifter sowie Dichter Franz Stelzhamer waren durchaus als gute Esser bekannt und schwärmten von lokalen Köstlichkeiten.

G’selchtes mit Grießknödeln und Sauerkraut war zum Beispiel eine der Leibspeisen von Bruckner. Um die künstlerische Kreativität zu fördern, griff er auch mal gerne zum Most oder verdrückte ein paar Zwetschkenpofesen. Für diese ­Speise wird altes Brot mit Powidlmarmelade ­bestrichen, in Milch, Ei und Rum getunkt und in Fett herausgebacken. Ein typisches Beispiel aus der raffiniert-schmackhaften Resteküche. Genauso wie das gestürzte Sauerkraut mit Erdäpfeln, das mit versprudeltem Ei überbacken und dann auf den Teller gestürzt wird. Anno dazumal waren Lebensmittel etwas Wertvolles. Etwas zu verschwenden oder nicht zu verwerten, kam gar nicht in den Sinn. Heute geht es wieder dahin zurück – und damit ­werden die Speisen aus der Kindheit wieder ­restaurantfähig.

Fleisch Geschichten

Freilich brauchten einst nicht nur die Künstler Nahrhaftes am Teller. Die Arbeit war früher körperlich anstrengender, die Speisen entsprechend fettiger und energiereicher. Deftige Schmalzknödel machten schnell satt und gaben Kraft. Aber auch Fleisch durfte nicht fehlen. Schließlich hat die Schweinezucht ein lange Tradition im Land. Im Sinne von »from nose to tail« wurde so viel wie möglich vom geschlachteten Tier verwendet. Mit dem Blut wurde Blunzenwurst gemacht, Niere, Leber, Bauchspeck und Fleisch gemein­sam zum »Kotzngschroa« gebraten.

Aus der Schweineleber entstand ein ­Braten, der Leberbunkel oder Leberschädel genannt wird. Innereien wurden rasch zu einem Beuschel, also einem Ragout verarbeitet. Michael Wenzel ist auf dem Bauernhof mit diesen althergebrachten Speisen groß geworden und wusste schon als Kind, das er Koch werden möchte. Inzwischen ist er Chef im »Wia z’haus Lehner« und holt einen Hauch Nostalgie auf die Speisekarte. »Die alten Rezepte sind einfach genial«, sagt er. Das Rezept für den Leberschädel bekam er vor Jahren von einem Pensionisten und kocht es seitdem genau so.

Das Fleisch und viele andere Zutaten kommen zum großen Teil vom eigenen Bauernhof. »Wir legen sehr viel Wert auf Frische und machen wirklich alles selber außer die Pommes«, verrät der Koch. Tradition und authentisches Wirtshausfeeling kommen eben nie aus der Mode. Sonntags darf es dann ein knuspriges Bratl sein. In Most eingelegt oder nach überlieferter Rezeptur mariniert, wie bei ­Johannes Dickinger. Den Wacholder für seinen Rinderbraten holt er selbst von der Alm und achtet beim Fleisch besonders auf die Qualität. »Wir haben in der Region sehr gute Produkte«, schwärmt der Wirt. Ein Braten bestimmt einen Feiertag in Bad Ischl und ist immaterielles UNESCO-Kulturerbe. Am »Liachtbratlmontag«, dem Tag, an dem im Herbst das erste Mal in der Werkstatt künstliches Licht verwendet wurde, lud der Meister zu einem Bratl.

Doch es ist nicht alles Fleisch, was als solches bezeichnet wird. Die Bad Ischler Brennnesselwürstel sind gebackene Palatschinken gefüllt mit Brennnesseln. Eine fleischlose Alternative für die Brotzeit ist der würzige Erdäpfelkas, ein Aufstrich aus Kartoffeln, Rahm und Zwiebeln, fein abgeschmeckt mit Kümmel und garniert mit kleinen Schnittlauchröllchen.

Aus dem Wasser

Wo es viele Seen und Flüsse gibt, kommt auch Fisch auf den Tisch. Traditionell werden die Fische aus der Traun gesotten serviert. Das heißt, die verschiedenen gefangenen Fische werden in einem Sud gegart. Der Eigen­geschmack des Fisches kann sich so voll entfalten, wobei in den Restaurants nach wie vor die gebratene Variante am beliebtesten ist. Das bestätigt Attila Bogdan vom »­Forellenhof Wieselmühle«. Täglich werden die Forellen frisch gefischt. Nach einigen Stunden Rastzeit kommen sie in die Pfanne und werden mit Butterschmalz angebraten. Knusprig und saftig zugleich.

Während im Almtal beim Essen der Blick auf die Landschaft mit den Teichen fällt, genießen die Gäste von Spitzenkoch Lukas Nagl im »Bootshaus« die Aussicht auf den Traunsee. »In unserer Region ist die Küche natürlich auch vom Traunsee geprägt«, sagt Nagl, der besonderen Wert auf regionalen Fisch legt. Das Salzkammergut ist seine Heimat, die ihn immer wieder neu zu inspirieren scheint. »Den Geschmack ­Oberösterreichs zeichnet das Eigenständige aus, obwohl wir von Bayern wie auch von Ostösterreich geprägt sind. Die Landwirtschaft spielt ebenso eine große Rolle und deren herausragende Produkte«, sagt Nagl.

Knödelkunst

Die Knödelkunst in Oberösterreich reicht bis in die Jungsteinzeit zurück und zeigt sich heute in vielen Variationen. Klassisch werden pikante Knödel mit Erdäpfelteig gemacht, wie die Hascheeknödel mit Fleisch und Wurst. Mit Giersch, Gänseblümchen, Spitzwegerich und Löwenzahnblättern kommt grüne Kraft in die Knödelmitte. Dazu stellt Christine Dittlbacher, Obfrau vom Heilkräutergarten in Klaffer am Hochficht, aus den Wildkräutern ein Pesto mit Haselnüssen her und nimmt ein paar Teelöffel davon als Fülle. »Das ist geschmackvoller, als nur geschnittene Kräuter in die Knödel zu geben«, verrät sie. Das gilt auch für die zusammengelegten Knödel, die aus Nudelteig ausgewalkt, in kleine Stücke geschnitten und wieder zusammengeklappt werden. »Früher hat man zum Festmachen sogar einen Holzspieß genommen«, erzählt Dittlbacher. Sie schmecken besonders gut mit Sauerkraut.

Einige Gerichte kommen aus der klösterlichen Küche. So wurde zu den großen kirchlichen Festtagen groß aufgetischt und dann wieder reduziert gefastet. Wobei nicht alles so streng gehandhabt wurde. Die ­Gmundner Krautknödel werden am Tag der heiligen Gertrud, am 17. März, meist mitten in der Fastenzeit, mit Würstel und Wein verspeist und süße Früchte werden mit locker-leichtem Topfenteig umhüllt.

Mit Liebe gefertigt und gerollt: Knödel sind die Beilage zum »Kotzngschroa«, einer Art Gulasch mit Innereien
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Mit Liebe gefertigt und gerollt: Knödel sind die Beilage zum »Kotzngschroa«, einer Art Gulasch mit Innereien

Mehlspeisen-Kreationen

Die Königin unter den oberösterreichischen Mehlspeisen ist unangefochten die Linzer Torte, die längst zum kulinarischen Wahrzeichen der Landeshauptstadt geworden ist. Das Rezept zählt zu den ältesten und bekanntesten der Welt. So wurde es etwa im Kochbuch der Gräfin Anna Margarita -Sagramosa aus dem Jahre 1653 gefunden. Bereits vor Jahrhunderten waren die Linzerinnen als hervorragende Bäckerinnen bekannt und zauberten aus Butter, Mandeln, Zucker, Mehl, Gewürzen und Ribiselmarmelade feine Törtchen. Heute wird die Linzer Torte nach traditionellem Rezept unter anderem in der »Konditorei Jindrak« gebacken.

Aber auch fast vergessene Mehlspeisen wie die Apfelschlangerln gibt es noch in der Konditorei. Dabei handelt es sich um eine Art Apfelstrudel, der aus einem Mürbteig zusammengelegt statt aus Blätterteig gerollt wird. Köstlich bestreut mit Staubzucker und mit flaumigem Schlag. In der Rein gebacken werden die Ofennudeln mit Zimtbutter und wie die Dukatenbuchteln warm gereicht. Die Ursprünge des süßen Germgebäcks gehen auf die böhmische Küche zurück und heißen manchmal Roanudln. Dazu gibt es Kanarimilch, die, gemeinsam mit den Buchteln, nicht nur Kindern ein Gefühl von Heimat vermittelt.

Adressen

Bruckner's
Das Restaurant im Brucknerhaus Linz hat zwar nur bei Veranstaltungen von 17 bis 23 Uhr geöffnet, aber dafür bietet es leichte Hausmannskost im modernen, farbenfrohen Ambiente.

Untere Donaulände 7, 4010 Linz
T: +43 732 784496, brucknerslinz.at

Kirchenwirt Diersbach
Mit traditionellem Flair, modern und lässig umgesetzt. Serviert wird mehrfach ausgezeichnete Spitzenkulinarik.

Am Berg 8, 4776 Diersbach
T: +43 7719 20106, kirchenwirt-diersbach.com

Strattnerhof
Hier kommt Bodenständiges auf den Tisch: Familie Zechmeister hält das kulinarische Erbe hoch und serviert unter anderem die Frankenburger Bratknödel.

Erlat 5, 4873 Frankenburg am Hausruck
T: +43 7683 8331, strattnerhof.at

Heilkräutergarten
Im Kräuterparadies auf kulinarischen Pfaden wandeln und selbst lernen, was aus den Wildkräutern aus dem Garten alles gezaubert werden kann. Führungen mit Verkostungen oder Workshops gegen Voranmeldung von Mai bis Oktober.

Am Kräutergarten 1, 4163 Klaffer am Hochficht
T: +43 7288 6419, heilkraeutergarten.at

Moser Alm
Ein paar Tage mariniert und danach noch drei bis vier Stunden über dem offenen Feuer gebraten: So hat schon die Großmutter das Kistenbratl mit geriebenen Knödeln gemacht. Und an der Zubereitung hat sich bis heute nichts geändert. Zumindest bei Familie Lumetsberger-Danninger auf der »Moser Alm«.

Mönchwald 6, 4281 Mönchdorf
T: +43 7267 23330, moseralm.at

Gasthof Populorum
Seit 1927 steht der Familienbetrieb auf der Mühlviertler Alm für herzliche Gastlichkeit und für traditionelle Wirtshausküche, die heute von Wirt Albin Populorum in Szene gesetzt wird.

Dorfstraße 5, 4282 Pierbach
T: +43 7267 8213, populorum.at

Wia Z'haus Lehner
Rustikaler Gourmettreff. Leberschädel, Bratl oder würzige Kasspotzn, Gerichte mit Tradition werden aufgetischt. Unbedingt probieren: das Genussmenü am Abend. Seit 1847 wird hier aufgekocht.

Harbacher Straße 38, 4040 Linz
T +43 732 730510, wiazhaus-lehner.at

Biergasthof Riedberg
Ein gastlicher Ort, der das Alltagsgut Bier aus dem üblichen Rahmen hebt. Gegessen wird, was auf die Teller kommt – ein Spezialmenü mit Vor- und Hauptspeise und Nachtisch.

Südtiroler Straße 11, 4910 Ried im Innkreis
T: +43 7752 82610-0, riedberg.at

Forellenhof Wieselmühle
Fisch aus der eigenen Zucht spielt die Hauptrolle bei Attila Bogdan, der weit über das Almtal hinaus für seine Knoblauch-Forelle bekannt ist.

Landstraße 73, 4645 Grünau im Almtal
T: +43 7616 8250, wieselmuehle.at

Oberndorfer Wirt
»Kotzngschroa« und andere fast vergessene Speisen gibt es bei der Familie Oberndorfer. Überdachter Gastgarten und Kinderspielplatz.

Krenglbacher Straße 89, 4631 Krenglbach
T: +43 7249 46094, oberndorfer-wirt.at

Grünberg
Ingrid Pernkopf war die Grande Dame der -oberösterreichischen Küche und eine Institution, wenn es um die Knödelkunst ging. Ihre Nachfolger machen es in ihrem Andenken.

Traunsteinstraße 109, 4810 Gmunden
T: +43 7612 77700, gruenberg.at

Silmbroth
Immer donnerstags gibt es im Traditionsgasthaus mit eigener Fleischhauerei die beliebten Kessel-heißen. Aber auch die anderen Gerichte munden.

Viechtwang 23, 4644 Scharnstein
T: +43 7615 2254, silmbroth.at

Schlagerwirt
Bratl in der Rein, Hascheeknödel mit Speckkraut-salat oder Erdäpfelkasbrot zur Jause? Beim »Schlagerwirt« kommen die Zutaten direkt vom eigenen Bauernhof und aus der Region.

Oberwallsee 12, Bad Mühllacken, 4101 Feldkirchen an der Donau
T: +43 7233 7220, schlagerwirt.at

Haudum
Bei der Hausmannskost wird nichts verschwendet: Blutwurst, Beuschel, Rinderbacken oder Ochsenschwanz gibt es genauso auf der Karte wie eine Lachsforelle aus dem Böhmerwald.

Rohrbacher Straße 2, 4184 Helfenberg
T: +43 7216 6248, haudum.at

Die Almwirtinnen
Frauenpower für den Geschmack. Regionale Hausmannskost mit einem Touch moderner Küche gibt es bei Michaela Ettinger und Agnes Holzinger im Almtal.

Im Dorf 40, 4645 Grünau im Almtal
T: +43 676 9105811, almwirtinnen.at

Gasthof Dickinger
Johannes Dickinger kocht in seinem Gasthaus mit Leidenschaft, neben den traditionellen Gerichten zeichnet er sich durch seine Wildspezialitäten aus.

Neydharting 15, 4654 Bad Wimsbach-Neydharting
T: +43 7245 25475, gasthof-dickinger.at

Erschienen in
Kultur Oberösterreich Special 2024

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Anita Arneitz
Autor
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